„Farewell to Nova Scotia…

…the sea-bound coast.“

Über 1000 Kilometer sind es von Québec nach Nova Scotia. Und 1000 Kilometer wieder zurück? Muss das sein? Will ich das echt? Hat das Auto nicht schon genug Meilen gemacht? Ich habe wirklich überlegt, ob ich mir die Strapazen antun soll, nur um so ein paar lausige Fischerdörfchen anzusehen.

Mann, Mann, Mann…da hätte ich was verpasst.

Lausige Fischerdörfchen

Im Ernst, Nova Scotia hat viele von denen. Sehr viele. Zum Glück! Denn vor allem sie machen die Halbinsel im Osten Kanadas zu einem fast magischen Ort.

Den Inbegriff des Fischerdorf-Idylls findet man im 650-Einwohner-Nest namens „Peggy’s Cove“, vor allem berühmt durch seinen Postkarten-Leuchtturm.

Peggys Cove Lighthouse

Aber auch das Dörfchen selbst ist die Reise an die Küste wert. Im winzigen Hafen tummeln sich nicht nur die Fischerboote…

Peggy's Cove

…auch die Hummer haben es sich bequem gemacht.

Lobster

Allerdings haben sie sich hier echt nicht das beste Fleckchen ausgesucht, denn etwa 50 Meter außerhalb des Hafenbeckens kann man eben jene Tiere käuflich erwerben – tot und gekocht. Und wer weiß, wie Lobster zubereitet werden, weiß auch: Das ist kein Spaß. Und eine Beschwerdehotline für die Tiere (etwa „Die Nummer gegen Hummer“) gibt es meines Wissens noch nicht.

Peggy’s Cove ist genau so, wie ich mir Nova Scotia vorgestellt habe – nur schöner. Auch wenn hier mancher Kahn wohl schon längst das Zeitliche gesegnet hat…

Alte Schiffe

…die Fischerei ist immer noch eine wichtige Einnahmequelle des Ortes (neben dem Tourismus).

Miss Peggy
Hier hat der Schiffsbauer wohl zu viel Muppet Show geguckt…

Du willst nochmal den schönen Leuchtturm sehen?

Hier:

Peggys Lighthouse

Deutsches Welterbe

Gar nicht weit von Peggy’s Cove entfernt, lockt ein weiterer Küstenort. Das ziemlich bunte „Lunenburg“.

Lunenburg

Der ziemlich deutsch klingende Name könnte daher kommen, dass Lunenburg eine ziemlich deutsche Vergangenheit hat. Zumindest die ersten Siedler kamen zum großen Teil aus Deutschland. Aber auch hier gibt’s kein Schwarzbrot. Dafür Fisch im – Überraschung – Hafen.

Lunenburg Hafen

Gerade an einem sonnigen Tag wie diesem ist Lunenburg wirklich hübsch. Fand auch die UNESCO und kürte die „Innenstadt“ zum Welterbe. Und der Status gilt sogar bei Nacht. Warum Welterbe? Schöne alte bunte Holzhäuser.

Ich denke, das muss als Erklärung reichen.

Nicht sofort erklären kann ich mir allerdings die Veranstaltung im Festzelt direkt am Hafen.

Andacht

Ich höre eine Weile zu…

Schließlich werden viele Namen vorgelesen. Eine Gedenkveranstaltung? Tatsächlich! Es handelt es sich hier um das „Fisherman’s Memorial“, bei dem man sich an die verstorbenen Fischer der vergangenen Jahre erinnert.

Fishermans Memorial

In einer Gegend, in der die Fischerei eine derartige Wichtigkeit besitzt, ist eine solche Zeremonie wahrlich passend.

Keine Faxen in Halifax

Ja, es gibt sie, die großen Städte auf Nova Scotia. Naja. Eine. Halifax.

Aber tatsächlich gehört die 400.000-Einwohner-Stadt zu den weniger interessanten Orten der Halbinsel. Ein gutes Nachtleben mit vielen Livemusik-Bars und eine ansprechende Hafengegend, das war’s dann. Da gehört schon eine schwankende „Seebrücke“ zu den Highlights.

Halifax Seabridge
Alle in Halifax‘ Hafen zuhause: alte Dampfer und moderne Kreuzfahrtschiffe.

Wirklich herausragende Sehenswürdigkeiten gibt’s hier einfach nicht. Herausragend ist lediglich dieses 3-Trilliarden-Dollar-Superduper-Segelschiff am Halifaxer Hafen.

Aber gut, man muss ja auch nicht in Halifax bleiben. Sollte man auch nicht. Man würde so viel verpassen.

Überraschung im Norden

Ich hatte die Wahl: Befahre ich den „Leuchtturm-Weg“ im Süden und schaue mir noch ein paar dieser Meeresspargel an. Oder nehme ich den „Cabot Trail“ ganz oben im Norden. Der soll ziemlich berühmt sein. Ich habe mich für Letzteres entschieden. Und wieder: Was ein Glück!

Allein der Weg durch die Highlands von „Cape Breton“ ist die lange Fahrt in den Norden mehr als wert.

Cabot Trail

Und dann gibt es da den „Skyline Trail“. Dieser Wanderweg ist dem Namen entsprechend recht weit oben, auf einem dieser großartigen grünen Hügel. Am Rande der Straße.

Cabot Trail Street

Acht Kilometer ist man auf diesem Wanderweg unterwegs, genießt Ausblicke auf die See und die schöne Landschaft.

Ich habe ja auf meiner Reise recht schnell gelernt, dass man, egal wo man ist, nicht nur auf seinen eigentlichen Weg achten darf, sondern auch stets seine Umgebung im Auge behalten muss – sonst entgehen einem spannende Dinge. Vor allem Tiere. Der Schwarzbär an einer Straße in Jasper etwa, der junge Hirsch an einem Wanderweg in Kalifornien, die Alligatoren in den Gewässern der Everglades, das Gürteltier auf einem Campground nahe New Orleans. Ich habe auch so viel Wildlife gesehen, weil ich aufmerksam links und rechts geguckt habe. Nur einen Elch nicht. Hat mich ein bisschen gewurmt, aber gut, ein bisschen Schwund is ja immer.

Aber wie gesagt: Immer rechts/links gucken! Auch auf dem Skyline Trail. Also los geht’s. Ich schaue nach rechts: Wald und Wiese. Ich schaue nach links: Wald und Wiese.

Skyline Trail

Weiter…ich schaue nach rechts: Wald und Wiese. Ich schaue nach links: Wald und Wiese. Und dieser Baum.

Lazy Tree

Schon faszinierend: Reaktionsschnell hat sich dieser Baum mit einem Arm, also Ast, abgestützt. Sonst wäre er vor versammelter Mannschaft umgefallen. Und das wäre ziemlich peinlich geworden. Wohl zuviel Alk gestern…man kennt das.

Weiter…ich schaue nach rechts: Wald und Wiese. Ich schaue nach links: Wald und Wiese.

Skyline Landscape

Die Seeluft ist herrlich. Bald ist die Hälfte geschafft. Weiter…ich schaue nach rechts: Wald und Wiese. Ich schaue nach links: Elch.

Wait…WHAT??

Moose

Ich flipp aus, ein echter Elch! Finally! Tatsächlich ist die Elchkuh nur 10 Meter weit entfernt, blickt kurz auf und widmet sich dann wieder der Futtersuche. Also schnell noch ein paar Bilder, bevor sie weg ist.

Zehn Minuten kann ich dieses faszinierende Tier aus der Nähe beobachten, dann will ich gehen. Ob in dem Moment der Wind dreht oder mein Deo versagt, keine Ahnung. Der Elch scheint mich zu wittern, er läuft ein paar Schritte auf mich zu und macht Elchlaute (keine Ahnung, wie das bei Elchen heißt, klingt so ein bisschen wie Muhen. An die Faunaexperten da draußen: „What does the moose say?“).

Angry Moose

Es erscheinen Engelchen und Teufelchen auf meiner Schulter, Engel links, Teufel rechts. Rechts: „Macht noch ein Bild, du willst es doch auch, kannst du mir erklären, wozu man Elche sonst so brauch“ „Halt, der will dich linken“, schreit der Engel von der Linken, „gehst du näher ran, dann wird’s ihm stinken!“ Und so streiten sich die beiden um mein Gewissen…

Letztlich trete ich den geordneten Rückzug an. Elche können durchaus aggressiv werden. Muss ich nicht riskieren. Die Elchkuh verschwindet schließlich recht schnell mit weiteren Elchlauten im Unterholz. Vielleicht hat sie was auf dem Herd stehen lassen.

Ich lerne aber, dass Elche hier wohl nicht so ungewöhnlich sind. Es gibt sogar abgezäunte Gebiete, in denen Elchverbot herrscht. Die Tiere fressen nämlich mit Vorliebe jungen Wald.

Moose Exclosure

Erinnert hier ein bisschen an Jurassic Park. Nur ohne Strom. Und ohne Dinos.

Hier spielt die Musik

Cape Breton im hohen Norden hat sich jetzt schon sowas von gelohnt. Aber was macht man in dieser vergleichsweise einsamen Gegend denn bitteschön abends?

Musik hören.

Und zwar richtig gute. Nova Scotia hat den Namen nicht umsonst. Der keltische Einfluss ist nicht zu übersehen – und zu überhören. Bestes Überbleibsel: „Ceilidh“. Bei dieser Tanzveranstaltung, wie etwa im Örtchen Baddeck, wird sehr coole Fiddlemusik gespielt und getanzt. Das kann dann etwa so aussehen:

Was ein bisschen so wirkt, wie der Tanztee im Seniorenstift „Ruhe sanft“, ist hier eine ganz normale Abendveranstaltung. Gut, ich senke den Altersschnitt von 75 auf 74, aber die Musik ist großartig.

Wer noch mehr in das Küstenfeeling Nova Scotias eintauchen will, dem empfehle ich, sich die Bilder dieses Artikels nochmal anzusehen und dabei dieses Lied zu hören:

Farewell to Nova Scotia

„Farewell to Nova Scotia“ ist ein altes Volkslied und bringt die Stimmung dieses Erdenteils hervorragend rüber. Geht ins Ohr, bleibt im Kopf.

Auch wenn man sich mal eine kurze Auszeit nimmt.

Scotia Bed

Ich verlasse diesen großartigen Teil Kanadas nur ungerne. Aber langsam drängt die Zeit. Im Oktober geht es zurück nach Deutschland. Und ich muss noch wieder in die Staaten. Also war es das hier schon?

Stay tuned!

5 Comments on “„Farewell to Nova Scotia…

  1. Man bekommt hier wirklich schöne Eindrücke von den Hafenstädten und Deine Auszeit auf dem Stein war bei dem Licht ja richtig fein;-).
    Hast Du Dich auf Deinem Weg von Chicago aus eigentlich noch länger bei den Lakes aufgehalten oder bist Du nur Autobahn gefahren?
    Ich wünsche Dir noch schöne letzte Wochen auf Deiner Tour…

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  2. Echt super getextet! Bei deinem Elch-Meeting war ich voll dabei im Film :-)) Und ich weiß jetzt, dass Nova Scotia unbedingt noch besucht werden muss!

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  3. Pingback: There… – there and back again…

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