Out of many, one

Kniet nieder ihr Bauern, die Hauptstadt ist da! Was manch Berliner vielleicht im Überschwang der Gefühle mal äußert, gerne bei einem Bundesliga-Auswärtsspiel, mag man vielleicht sogar ein Stück weit nachvollziehen können. Berlin ist eben einzigartig groß in Deutschland. Da kommt nix ran. Nicht Hamburg, nicht München. Nix. Aber Washington…

Sagen wir es so: Wo New York niemals schläft, drückt Washington noch einmal auf die Snooze-Taste. Keine Menschenmassen, keine Werbetafeln, keine Häuserschluchten, keine Gerüche, keine Hektik – ja selbst gehupt wird hier nur sehr vereinzelt. Washington ist das Bonn Amerikas – nur größer. Und schöner. Sorry, Bonn. Aber mal ehrlich, sowas gibt’s eben bei uns nicht…

Capitol
The Capitol of the Capital!

Solch ein Prachtbau steht weder in Bonn noch in Berlin. Da kann auch der Reichstag nur bedingt mithalten. Verwunderlich nach dem teuren New York: Ins Capitol kommt man nach einer Sicherheitskontrolle sogar umsonst. Hier macht man die einstündige Führung, darf nach einer noch strengeren Sicherheitskontrolle auch dem Senat beiwohnen und erfährt, wie wahnsinnig stolz man in Washington auf den Wappenspruch der USA ist. „E pluribus unum.“ Out of many, one. Aus vielen eines. Praktisch das amerikanische „Wir schaffen das“. Aus vielen Staaten eine Nation. Nirgendwo im Land kommt man dem so nahe wie hier. Ob Alabama oder Kalifornien – im Capitol sind sie alle unter einem Dach versammelt. Den Satz brauchte ich, um dieses Bild zeigen zu können…

Kuppel
Was für Angeber: Capitols Kuppel

Historie ist im Capitol allgegenwärtig. Wandmalereien, ein Kinofilm und nicht zuletzt zahllose Statuen zeugen von Amerikas durchaus schwieriger Geschichte. Das Faible für Menschen aus Marmor oder Bronze kommt besonders gut in der National Statuary Hall zur Geltung. Hier ist jeder Staat mit seinem/seiner Besten vertreten, praktisch das All-Star-Team der US-V.I.Ps. Ohio etwa schickt einen Erfinder aufs Feld.

Edison
Schon immer eine Leuchte gewesen: Thomas Edison

Ja, Washington lohnt sich. Aber es ist eben alles eine ganze Spur kleiner, angenehmer, als etwa in New York. Hier braucht es kein Empire State Building, keinen Times Square. Hier gibt man sich mit weniger zufrieden. Hier ist man stolz auf seine Monumente…

Monument
Washington Monument. Soll an einen Mann erinnern. Wer hät’s gedacht?

Auf seine spacigen Metrostationen…

Metro
Werden im New Yorker Museum of Modern Art ausgestellt: Washingtons Metrostationen

Auf seine zahlreichen Museen…

Smithsonian
Smithsonian: In ein paar Jahrhunderten wird hier das erste Raumschiff mit Warpantrieb ausgestellt, die „Phoenix“. Aber das wissen nur Nerds.

Und es wird sogar Leute geben, die auf ihren Präsidenten stolz sind. Dieser Präsident „läuft“ einem in der Hauptstadt immer mal wieder über den Weg…

Ok, dieser Präsident ist ein Witz. Leider der mächtigste Mann der Welt. Und wahrscheinlich auch einer der gefährlichsten. Aber mehr dazu im Beitrag Elect a Clown…

Es gibt aber etwas, worauf die Menschen in Washington wirklich stolz sein können – auch wenn sie darauf gerne verzichtet hätten. Ich spreche vom 9/11 Memorial. Wer an den 11. September denkt, hat sofort das World Trade Center im Kopf. Dass aber auch in Washington 184 Menschen starben, als American Airlines Flug 77 in das Pentagon gesteuert wurde, wird häufig vergessen.  Um die Opfer zu ehren, steht vor dem Pentagon das 9/11 Memorial.

Memorial
9/11 Pentagon Memorial

Auf den ersten Blick unspektakulär, ist die Gedenkstätte bei näherem Hinsehen ein wirkliches Kunstwerk, dass ohne großen Pomp an die Menschen erinnert. Es gibt eine Bank für jedes einzelne Opfer. Jede Reihe steht für einen Geburtsjahrgang.

Das jüngste Opfer ist Dana Falkenberg, sie wird nur drei Jahre alt. Mit ihr sterben ihre Eltern und ihre Schwester.

Wer hier durchgeht, bekommt dasselbe beklemmende Gefühl wie beim Anblick der riesiegen Vierecke anstelle des World Trade Centers in New York.

Der 11. September ist immer noch ein großes Thema in den USA. Wie könnte er auch nicht. Wer aber die Hoffnung hatte, diese Terror hätte die Amerikaner zusammengeschweißt, geeinigt, der wurde spätestens bei der letzten Wahl eines besseren belehrt. Über 16 Jahre nach 9/11 sind die USA gespalten wie selten.

Out of many, one. Bis dahin ist es in Amerika noch ein langer Weg.

One Comment on “Out of many, one

  1. Schöne Vergleiche leuchten mir sofort ein, D. Trump zu A. Merkel: „ Washington kann ein sehr fieser Ort sein, Frau Kanzlerin!“ was kann er gemeint haben ?

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