Ein Roadtrip durch Nordamerika. In Farbe.
…außer für Eichhörnchen.
Man sollte Leuten aus Florida einfach mal vertrauen. Hab ich jetzt beschlossen. Sie können mir nicht nur aus dem Stand ihren Staat schmackhaft machen – sie haben noch weitere Tipps auf Lager. Dieser war richtig gut: der Skyline Drive im Shenandoah National Park. Ein gut gewählter Name, denn auf dem Skyline Drive kommt man dem Himmel ziemlich nah – und genießt die Aussicht.
Nicht weniger als 75 „scenic overlooks“ (Aussichtspunkte) verteilen sich auf 105 Meilen. Und man will eigentlich bei jedem anhalten.
Aber dann käme man ja nie an.
Nicht weniger faszinierend ist die hiesige Fauna. Während die Raubvögel nur wenige Meter über einem in der Luft nach Beute Ausschau halten, suchen am Boden dunkle Eichhörnchen nach Essbarem.
Leider machen sie das auch in großer Anzahl mitten auf der Straße. Ich hab das Schema schnell durchblickt. Ich komme angefahren, keine Reaktion. Ich werde langsamer, keine Reaktion. Erst im letzten Moment sprinten die kleinen Racker davon. Scheint ihnen Spaß zu machen.
Für mich kein Problem, ich bin ein zügiger, aber umsichtiger und vorausschauender Autofahrer, der jede Situation…FUUUUCKK!!!…wo kam das denn jetzt gerade her??? Von links rast plötzlich eins dieser Eichhörnchen auf die Straße, kehrt das Schema mal eben komplett um. Ich steige voll in die Eisen – aber es ist zu spät. Ich spüre eine leichte Erschütterung des Wagens, als wäre ich über einen Ast gefahren. Es ist kein Ast. Anhalten und gucken, ob noch zu was zu retten ist, geht auf diesem Streckenabschnitt nicht, von hinten könnte jederzeit ein schwerer Pick-Up angerauscht kommen. Ich werfe schockiert einen Blick in den Rückspiegel, nichts zu sehen. Ein späterer Blick auf die Reifen erkennt auch keine Spuren. Hat das Ding etwa überlebt? Unmöglich, ich muss es voll erwischt haben.
Ich esse Fleisch. Dafür werden Tiere getötet. Aber ich habe gerade – wenn auch völlig unbeabsichtigt – selbst eins getötet. Das ist irgendwie was anderes (auch wenn es das natürlich nicht sein sollte). Ein sehr schlechtes Gewissen beschleicht mich. Was hatte dieses Eichhörnchen noch alles vor? Wollte es studieren gehen? Arzt werden? National Park Ranger? Ich weiß es nicht. Aber jetzt kann es das alles nicht mehr. Aber warum musste es auch gerade in diesem Moment auf die Straße?
Ich fahre weiter, aber das schlechte Gefühl bleibt. Wesentlich besser komme ich heute mit den größeren Tieren zurecht. Bei einem Stopp bei einem der „scenic overlooks“ rufen mir plötzlich amerikanische Touristen zu: „Hey, look, there is a huge bear!“ Ein Bär! In freier Wildbahn! Wahnsinn! Gibt’s ja in Deutschland eher selten zu sehen. Und tatsächlich: da versucht ein Bär einen Baum hochzuklettern…
In dem Moment wünsche ich mir ein Teleobjektiv. Die Touristen bieten mir ihr Fernglas an. So leichtfüßig, wie der Bär das macht, beeindruckend. „Jetzt weißt man, warum es nichts bringt, vor einem Bär auf einen Baum zu flüchten“, sagt meine Bekanntschaft aus Vermont. Stimmt.
Ich mache mich wieder auf den Weg – und wieder stehen Tiere mitten auf der Fahrbahn. Diesmal habe ich sie rechtzeitig gesehen, sie sind auch etwas größer. Eine Gruppe Rehe. Bis zu meinem Campground stehen noch viele von ihnen am Straßenrand, kümmern sich weder um Autos noch um mich. Gute Gelegenheit näher ran zu gehen…
Tiere sind schon was Tolles. Wenn sie nicht gerade unter Autos rennen. Ich hoffe, es gibt einen Eichhörnchenhimmel. Mit Nüssen satt.
Das müsstest Du doch in Kassel gelernt haben: Hupen! Und das Eichhörnchen (heissen die nicht Squirrel?) würde noch leben.
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Erklär den Tieren doch mal die StVO. Jetzt verstehe ich auch warum amerikanische Trucks solche Rammgitter vor dem Kühlergrill haben, gibts den auch für den Caddy?
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Live and let die. C’est la vie.
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