Ein Roadtrip durch Nordamerika. In Farbe.
(55) Days of Summer
55 Tage bin ich jetzt „on the road“. Habe den Caddy rund 13.000 Kilometer weit gescheucht. Und auf meiner Reise über 2300 Fotos geschossen – die besten davon sind hier veröffentlicht. Allerdings: Gestartet bin ich in der Hoffnung auf EIN bestimmtes Foto. Und ich hatte die Hoffnung fast schon aufgegeben.
Dieser Text wird der bislang längste, wer also wenig Zeit hat, bekommt am Ende des Artikels eine Zusammenfassung.
9 Jahre ist es her, dass der Film „(500) Days of Summer“ in die Kinos kam. Ich habe ihn leider erst später auf DVD entdeckt. Und er ist seitdem aus meinen persönlichen Top3-favourite-movies-of-all-times nicht mehr wegzudenken. All seine wunderbaren Seiten aufzuzählen, würde diesen Text sprengen. Nur so viel: Den Spagat zwischen witzig-romantisch-magisch und melancholisch-niederschmetternd-realistisch schafft kein Film wie er. Obendrein hat er noch den wohl besten Soundtrack ever. Wer ihn tatsächlich noch nicht gesehen hat…hier der Trailer:
Ich habe nicht mehr mitgezählt, wie oft ich ihn gesehen habe. Ich weiß nur: Es gibt diese grandiosen Szenen, in der die Protagonisten Tom und Summer auf dieser Bank sitzen.
Dort wo Glück und Verzweiflung so nah beieinander sind. Und diese Bank gibt es wirklich. In Los Angeles. Da muss ich hin!
Ich also in großer Erwartung, nach fast zwei Monaten Fahrt endlich in L.A. auf dieser Bank sitzen zu können. Doch was muss ich lesen? Der Park, wo sich diese Bank befindet, ist geschlossen. GESCHLOSSEN! Und zwar seit einigen Jahren schon. Da ist jetzt ein Zaun drum. Meine erste Reaktion auf diese Nachricht:
Aber vielleicht gibt es ja doch einen Weg? An meinem ersten Tag in L.A. mache ich mich gleich auf den Weg. Die Bank steht mitten auf einem Hügel in Downtown.
Leider ist der Park wirklich dicht. Und die Schilder eindeutig: „NO Trespassing!“ – und der Zaun drumrum ist wirklich hoch. Bis auf eine Stelle. Ich lunger also ne Weile da rum und überlege, ob ich mich traue, da rüberzuklettern und das begehrte Foto zu machen. In Deutschland? Sofort. Mit den Leuten lässt sich doch reden. Aber in den USA? Wer weiß, ob die Cops da ein Auge zu drücken. Oder ob sie mich gnadenlos zu Boden tasern und ich die Nacht im Knast verbringe, wo ich zwischen der Weiße-Nazis-Gang, den Latinos und den Schwarzen wählen darf (Klischeealarm!). Hhmm… Ich will gerade die niedrige Stelle genauer inspizieren, da springt vor mir ein Mann einfach über eben jenen Zaun. Er will aber kein Foto. Man riecht ihn schon aus zehn Metern. Und er hat ein Messer dabei, mit dem er ein Päckchen öffnet, das wenig legal aussieht. Damit setzt er sich auf die Bank und brüllt alle Leute an, die in einiger Entfernung vorbei gehen. „Ach, so wichtig ist das Foto auch nicht“, denke ich mir. Und gehe.
Doch, verdammt! Es ist wichtig. Aus Ärger über meine Feigheit beschließe ich am nächsten Tage nochmal hinzugehen. Aber erstmal Kultur. Los Angeles ist DIE Filmstadt schlechthin und da bietet sich eine Tour durch die Warner Bros. Studios an. Schon am Haupteingang wird man standesgemäß begrüßt.
Die Tour dauert zwei Stunden und man sieht wirklich viel. Das Originalset von „The Big Bang Theory“ zum Beispiel (keine Fotos erlaubt). Die verschiedenen Batmobile. Oder Brille und Zauberstab eines gewissen Harry aus Hogwarts.
Spannend ist es aber auch, hinter die Fassaden Hollywoods zu blicken. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Was hier aussieht wie eine ganze normale Häuserzeile…
…ist in Wirklichkeit aus Kunststoff. Und nicht wirklich ein Haus.
Warner hat hier mehrere unterschiedliche Straßenzüge, je nachdem welches Setting benötigt wird.
An den Feuerleitern dieser Fassade entstand der legendäre Spiderman-über-Kopf-Kuss von Tobey Maguire und Kirsten Dunst.
In den Warner Studios entstanden Klassiker wie Casablanca, Blade Runner, Batman Returns oder Outbreak. Aktuell vor allem Serien und TV-Shows wie die Ellen DeGeneres Show.
Vom Studiomitbegründer Jack Warner erzählt man sich, dass er ein ziemlicher harter Hund war. Hatte er mit einem Schauspieler ein Problem, ging er mit ihm zu Fuß über das Studiogelände, bis er an dem berühmten Wasserspeicher angelangt war. Mit den Worten „Wessen Name steht da oben?“ soll er dann schließlich seinen Standpunkt deutlich gemacht haben.
Wilde Hollywood-Zeiten.
Zwei Stunden sind schnell um, und als ich den Leuten von Warner meine Ideen für einen neuen Kinofilm präsentiere, zögern sie nicht lange…und drücken mir gleich den Oscar in die Hand.
Die Universalstudiotour hätte mich auch gereizt, aber 130 Dollar für den gesamten Themen-Disneyland-Park waren mir dann doch zu viel.
Und ich brauche ja dieses Foto…
Erstmal Hollywood. Der Stadtteil von L.A. verspricht Glanz und Glamour. Ist jedoch in Wahrheit alles andere als das. Der Hollywood Boulevard ist so abgerockt, dass er lediglich Retrocharme versprüht.
Der Walk of Fame ist natürlich eine Attraktion, lädt er doch zum Suchen und Finden ein.
Das Foto!
Hhmm…andere Drehorte aus „(500) Days of Summer“ sind so viel einfacher zu erreichen (hatte ich erwähnt, dass L.A. DIE Filmstadt schlechthin ist?). Dieser Brunnen in Downtown Los Angeles etwa spielt eine Rolle in der grandiosen Tanzszene nach Toms erster Nacht mit Summer.
Und auch die Karaokebar ist um die Ecke. Im „Redwood BBQ & Grill“ singen Tom und Summer jeweils einen Song – und unterhalten sich über die Liebe.
Drei Tage habe das Filmteam hier gedreht, erzählt die Chefin des Ladens. Karaoke habe man bis dahin aber gar nicht angeboten. Jetzt schon. Jeden Mittwoch.
Los Angeles ist hier in Downtown wirklich eine nette Stadt. Die Sonne scheint, die arbeitende Bevölkerung genießt Lunch von den guten und günstigen Foodtrucks, Kinder spielen im Brunnen.
Im Park sitzen alle beisammen. Die Businessleute, die Rentner, das knutschende Teeniepärchen – und die Obdachlosen. Von denen es in L.A. unglaublich viele gibt. Man sieht sie in den Parks im Schatten sitzen, sich aus der Mülltonne Essensreste rauskramen oder in der Metro schlafen. Los Angeles ist eben nicht nur Glamourfilmstadt, sondern auch bittere Realität.
Von der man HIER nicht viel mitbekommt.
Ja, richtig. Beverly Hills. Der Rodeo Drive lässt die Düsseldorfer Kö wie eine Ladenzeile aus Neukölln aussehen. Preise sind in den Schaufenstern gar nicht erst ausgeschrieben. Hier parkt man standesgemäß vor dem Laden.
Hier geht Herrchen shoppen, während Fiffi im Auto wartet.
In Beverly Hills tragen Frauen Shirts mit der Aufschrift „Shopping is my Cardio.“ Ob der Obdachlose aus Downtown darüber lachen kann….
Es ist eine andere Welt. Fährt man die Prachtstraßen die Hügel hinauf…
…kommt man an Häusern vorbei, die wirklich allen Klischees von Beverly Hills entsprechen.
Wo die VIPs wohnen, keine Ahnung. Es gibt Touren, aber die sollen ziemliche Abzocke sein. Und die Chance, Madonna mit Bello Gassi gehen zu sehen, schätze ich als relativ gering ein.
Los Angeles, wie so oft in Amerika, eine Stadt der Gegensätze.
Habe ich etwas vergessen? DAS FOTO! Ok, also nochmal hin zur Bank in Downtown. Diesmal kein Psycho im Park. Dafür zwei Securityleute, die die Geschäfte oberhalb des Parks im Blick haben. Wie jetzt ungesehen zur Bank gelangen? Wie in einem Taktikcomputerspiel studiere ich Laufwege und Blickrichtungen der Security. Dann ist der Moment günstig. Erst das Stativ über den Zaun, dann ich. Die Aktion dauert nicht länger als zwei Minuten. Das Bild ist nicht perfekt eingerichtet, der Bildausschnitt nicht optimal gewählt, aber ich habe es!
Unbemerkt gelange ich wieder zurück. Liebes LAPD, falls eure Kameras das aufgenommen haben…es war für einen guten Zweck. Diesen.
Beschwingt nach diesem Erfolg grüße ich L.A. noch ein letztes Mal von oben. Vom Observatory hoch über der Stadt ist der Blick auf Hollwood Hills und City fantastisch.
Der Road Trip hat hier in LA Filmstadt ein echtes Highlight erlebt. Allein dafür haben sich die (55) Days of Summer schon gelohnt.
ZUSAMMENFASSUNG: Ich habe das Foto.
So kenn ich meinen Ammel! Foto im Kasten und die Cops genarrt! 😉
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Outlaw
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